Seit dem rechten Anschlag am Samstag dem 17. Oktober 2020 in Henstedt-Ulzburg wurden seitens Polizei und Medien viele Verharmlosungen und Unwahrheiten über die Tat verbreitet. So wurde zunächst von einem „Unfall“ gesprochen, später, dass der Täter nur erschrecken wollte. Eine Farce.
Die Tat wurde durch anwesende Zeug:innen und Betroffene wie folgt rekonstruiert:
„Der Fahrer lenkte seinen Pick Up mit Vollgas aus dem Stand auf den Gehweg. Zwei Menschen versuchten auf die Grünfläche zu gelangen, der Fahrer lenkte seinen Wagen auch auf diesen und erfasste beide Menschen. Unvermittelt fuhr er weiter und erfasste ca. 10 Meter weiter eine weitere Person, der vierte Mensch konnte sich zur Seite retten. Nach 80 Metern lenkte er seinen Wagen auf die Straße und hielt an.“
Dass Neonazis Menschen, die sie als Feindbilder ausmachen, mit Autos attackieren und ihr Fahrzeug als Waffe nutzen ist kein neues Phänomen.
Wie erwartet relativiert allen voran die Polizei die Tat und schützt den Täter. Ein rechtes Motiv, sowie eine versuchte Tötung scheint für diese unwahrscheinlich. Ob dies der mangelnden Analysekompetenz oder gar Sympathie mit dem Täter geschuldet ist, ist an dieser Stelle irrelevant. Von einer Hausdurchsuchung beim Täter ist bislang nichts bekannt, so dass zumindest bis dato keinerlei ernsthafte Bestrebung seitens der Polizei und Staatsanwaltschaft zu verzeichnen sind, den Fall umfassend aufzuklären. So bleibt es an Antifaschist:innen über die Tat und den Täter aufzuklären.
Nach umfassenden Recherchen können heute Informationen zu dem Täter aufgezeigt werden, die ein rechtes Motiv belegen. Melvin Schwede, am 06.11.2000 geboren, zum Tatzeitpunkt 19 Jahre alt, fuhr am Samstag, dem 17. Oktober 2020 mit einem 3,5 Tonnen schweren Pick up Marke VW, amtliches Kennzeichen SE YB 68, auf vier betroffene Antifaschist:innen zu mit der Absicht diese zu verletzten und unter in Inkaufnahme diese zu töten.
Der Täter wohnt in Föhrden-Barl, einem kleinen 300-Seelen Dorf im Kreis Segeberg. Er besuchte bis zum Juli 2017 die Klasse 10 E der Gemeinschaftsschule Auenland in Bad Bramstedt. In seinem sozialen Umfeld finden sich vor allem junge Männer, die einen Hang zu schnellen und großen Autos haben. Einer seiner Freunde macht eine Ausbildung zum Landwirt ein weiterer Freund, mit dem er zusammen seinen Schulabschluss gemacht hat, interessiert sich heute für Youtube Influencer und Imkerei.
Auf den ersten Blick scheint Melvin Schwede ein ganz normaler Dorfjunge, der in einer idyllischen Einöde lebt. Doch auf den zweiten Blick offenbart sich ein anderes Bild. Wie der Segeberger Zeitung vom 30.12.2019 zu entnehmen ist, war Melvin Schwede mit zwei Freunden in Kaltenkirchen einkaufen. Auf einem abgebildeten Foto in der Zeitung ist zu erkennen, dass Melvin Schwede ein T-Shirt von dem identitären Rapper „Chris Ares“ trägt, dem Schwede auch in sozialen Netzwerken folgt. Der Neonazi „Chris Ares“, mit bürgerlichen Namen Christoph Zloch, war jahrelang das Aushängeschild der „Neuen Rechten“, die versucht u.a. über Musik junge Menschen an die Neonaziszene heranzuführen und zu binden.
Nicht nur der Umstand, dass Melvin Schwede unmittelbar vor der Tat zwecks Provokation, rechte Sticker von „Einprozent“ klebte und sich durch rechte Parolen zu erkennen gab, sondern auch eine genaue Untersuchung seiner Aktivitäten im Internet geben seine extrem rechte Gesinnung Preis. So hat der Täter unter dem Pseudonym mel_s2000 ein Profil bei Instagram, mit dem er zahlreichen extrem rechten Seiten folgt. In seiner Profil-Beschreibung stehen die Worte „Ehre über Ruhm“ und eine Deutschlandfahne ist abgebildet. „Ehre über Rum“ ist ebenfalls der Titel eines Tracks von dem extrem rechten Rapper „Absztrakkt“, der 2020 einen Gastbeitrag für das Album von „Chris Ares“ beisteuerte. Den gleichen Titel trägt auch ein Stück des Neonazi-Rappers „Komplott“.
Brisanterweise haben sich Melvin Schwede und Julian Flak, AfD Funktionär aus dem Kreis Segeberg, gegenseitig abonniert. Der AfD-Vorsitzende Flak hatte sich im Nachgang der Tat mit dem Täter solidarisiert und versucht mit Flyern unter der Überschrift „Den Brandstiftern das Handwerk legen-Antifa Verbot jetzt“ Stimmung zu machen. Inhaltlich lieferte Flak die AfD-übliche Täter-Opfer-Umkehr. Über die Unterstützung des AfD Funktionärs freut sich Melvin Schwede offensichtlich, der den Beitrag mit „gefällt mir“ markierte.
Julian Flak kennt den Täter und so muss sein Engagement in diesem Falle als Sympathiebekundung für diesen rechten Anschlag gewertet werden. Da Flak auch über Instagram mit Melvin Schwede in Verbindung steht, ist anzunehmen, dass ihm auch die Aktivitäten und extrem rechte Gesinnung des Täters nicht verborgen blieb. Melvin Schwede markierte zum Beispiel auf der Seite „WW2photos“ ein Bild mit „gefällt mir“, das den Titel „SS MARSCHIERT IN FEINDESLAND“ trägt. Die Angabe ist mittlerweile gelöscht, allerdings im Internet (Webcache) noch abrufbar und gespeichert.
Dass dies kein Versehen oder die Ausnahme darstellt zeigen weitere Einblicke in sein Profil. Neben Julian Flak und der „Jungen Alternative Hamburg“, dessen Vorsitz Flak 2014 innehatte, folgt Schwede weiteren AfD Accounts, wie dem extrem rechten AfD Funktionär Dennis Hohloch aus Brandenburg, der Nachfolger und Ziehsohn des Faschisten Andreas Kalbitz ist. Auch vor NPD Kontakten schreckt Schwede nicht zurück. Über seinen Instagram Account folgt er Steve Trapke, Beisitzer der NPD im Landesvorstand Schleswig-Holstein. Schwede unterstützt regional weitere Neonazi-Projekte, wie zum Beispiel „Patrioten.SH“, wo er unter anderem ein Bild mit „gefällt mir“ markiert hat, auf dem in Frakturschrift „Deutsches Land – Deutsche Treue“ steht, sowie ein Eisernes Kreuz abgebildet ist. Dort wird auch seine Gewaltbereitschaft deutlich, ihm gefallen Aussagen wie „wir rächen Deutsche Brüder“ und „lasst uns kämpfen mit Blut, Schweiß und Tränen“.
Weiter hat Melvin Schwede unter anderem das Projekt „Okzident Media“ der extrem rechten Organisation „Identitäre Bewegung“ abonniert, sowie entsprechende weitere sogenannte Neu-Rechte bis extrem Rechte Seiten wie „Konservative Revolution“, „Jungeflamme“, „Jungeuropa“ und „Wolf.PMS“. Der Verlag „Jungeuropa“ wird von Philip Stein geführt, der als ultrarechter Burschenschafter und „völkischer Stratege“ gilt. Zudem ist Stein Leiter des extrem Rechten Projekts „Einprozent“, dessen Aufkleber Melvin Schwede in Henstedt-Ulzburg verteilt hat. Während seines Studiums trat Stein der „Marburger Burschenschaft Germania“ bei, die ein tiefbraunes Netzwerk um sich spannt und die ihr Haus auch für Veranstaltungen wie dem „Jungeuropa-Kongress“ bereitstellt. Melvin Schwede hat die extrem Rechte Burschenschaft aus Marburg ebenfalls abonniert.
All diese Seiten, Gruppen und Organisationen, wie auch die AfD, verbreiten extrem rechtes Gedankengut und stehen für Ausgrenzung und Hass auf Minderheiten und Andersdenkende. Explizit sei hier auch erwähnt, dass gezielt das Feindbild Antifa geschürt wird.
Was Antifaschist:innen von Anfang an allein schon durch den Tathergang klar war, jedoch von der Polizei geleugnet wird, die nicht in der Lage ist zu ermitteln, ist nun bestätigt. Der Täter Melvin Schwede steckt tief im braunen Sumpf und es besteht kein Zweifel an seiner extrem rechten Ideologie und seinem Motiv. Er versuchte die Betroffenen schwer zu verletzten und nahm dabei ihren Tod in Kauf.
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